Wer gerne lacht beim Lesen, der nimmt vermutlich nicht als erstes die Bibel oder gar das Alte Testament in die Hand. Denn das gilt als unmenschlich, blutig, brutal und scheint einen Rachegott zu verherrlichen. Dr. Andreas Köbinger hat eine andere Erfahrung gemacht. Er hat sich das Buch der Bücher genau unter den Gesichtspunkten Humor und Komik für seine Doktorarbeit vorgenommen. Seine Freunde hätten gesagt, ja wunderbar, das werde ja eine sehr kurze Doktorarbeit, erzählt er beim Vortrag im Pfarrsaal von Sankt Michael in Lochhausen. Aber das Gegenteil war der Fall. Letztendlich habe er seinem Doktorvater, Professor Josef B. Wehrle, versprechen müssen, dass er unter 500 Seiten bleibe – das habe er mit 494 Seiten nur knapp geschafft, erzählt der Alttestamentler lachend.
Er ist, wie könnte es bei dem Thema anders sein, ein humorvoller Mensch, der sagt: „Nur so kann man das Leben gut meistern.“. Und das zeigt er auch bei seinem kurzweiligen Vortrag und der anschließenden Diskussion in Lochhausen. Gut 35 Menschen sind in das Pfarrheim gekommen und fast scheint es, als habe sich Köbinger, der im Frühjahr schon mal zu einer Diskussion zur Jahreslosung da war, im Pfarrverband schon eine kleine Fangemeinde erarbeitet. Bei Wein, Wasser und Knabbereien stellt Moderatorin Steffi Schmid Köbinger vor, der dann erstmal die Definition von Humor und Komik erklärt. Denn nur wer die kennt, der kann verstehen, was die Kriterien sind nach denen Köbinger die Bibel durchforstet hat. Und auch wenn das erstmal viel Theorie ist, bringt der Theologe sie so locker und unterhaltsam rüber, sodass sich keiner langweilt.
Danach stellt der Alttestamentler die Jotamfabel aus dem Buch der Richter vor. Wer soll der König der Bäume werden? Der stattliche Olivenbaum oder doch der reiche Früchte tragende Feigenbaum? Keiner der Bäume will König werden und letztendlich fällt die Wahl auf den dörren Dornbusch. Die Kritik am damaligen Herrschertum wird sehr deutlich. Ein weiteres Beispiel ist der bekannte Turmbau zu Babel, bei dem die Menschheit einen Turm baut, der bis in den Himmel reichen soll. Gott steigt anschließend von genau diesem herab, um das Bauwerk zu betrachten. Reichte er also vielleicht doch nicht bis in den Himmel? Auch das Buch Jona sei, so Köbinger, voller Ironie und Parodien und ende mit einer ironischen Frage an den Leser: „Darauf sagte der Herr: Dir ist es leid um den Rizinusstrauch, für den du nicht gearbeitet und den du nicht großgezogen hast. Über Nacht war er da, über Nacht ist er eingegangen. Mir aber sollte es nicht leid sein um Ninive, die große Stadt, in der mehr als hundertzwanzigtausend Menschen leben, die nicht einmal rechts von links unterscheiden können – und außerdem so viel Vieh?“
Das sind nur einige der Szenen, die Köbinger im Alten Testament entdeckt hat. Humor und Komik ändern sich mit der Zeit, der Umgebung und der Kultur, deshalb ist es gar nicht so leicht die entsprechenden Stellen zu finden. „Warum hat sich eigentlich noch kaum einer vor Ihnen mit dem Thema beschäftigt?“, will die Moderatorin wissen. Köbinger erklärt, dass das mit dem Ruf zu tun habe, dass dem Alten Testament vorauseile, aber auch damit, dass sicher manch einer denkt es sei unwürdig, dass eine Heilige Schrift mit komischen Ereignissen aufwarte. Die 2000 und 3000 Jahre alten Texte weisen aber auch eine Distanz zum heutigen Leser auf und würden das Begreifen des komischen Potentials erheblich erschweren. Außerdem seien sie auf Hebräisch verfasst und nur in dieser Sprache richtig zu begreifen.
Und so schließt Köbinger lachend mit den Worten: „Lernen sie alle Hebräisch und dann treffen wir uns in ein oder zwei Jahren wieder hier und lesen die Texte gemeinsam.“
Und auch, wenn das vermutlich die wenigsten Besucher schaffen: Wir hoffen, dass wir Dr. Andreas Köbinger bald wieder zu einem kurzweiligen Abend bei uns im Pfarrverband begrüßen dürfen. (sts)